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"Erst die Arbeit"

6. November 2020

Jobcenter Kiel

Jobcenter Kiel
  • Schwerpunktthema Arbeitsmarktintegration, Soziale Teilhabe
  • Zielgruppe Netzwerke

Zusammen mit dem Dienstleistungsunternehmen "stadt.mission.mensch" bietet das Jobcenter Kiel mit der Arbeitsgelegenheit „Erst die Arbeit“ langzeitarbeitslosen Menschen mit multiplen Problemlagen eine neue Perspektive im Rahmen einer Projektarbeit zur Stadtteilverschönerung. Hier lernen sie wieder eine geregelte Tagesstruktur kennen und arbeiten gegen Themen wie Suchtproblematik, Vereinsamungs- und Verwahrlosungstendenzen an.

„Erst die Arbeit“ bietet langzeitarbeitslosen Menschen mit multiplen Problemlagen geeignete sinnstiftende Tätigkeiten und Aufgaben sowie eine geregelte Tagesstruktur. Die Tätigkeiten liegen im öffentlichen Interesse.

Das Projekt richtet sich an in Kiel lebende leistungsberechtigte Menschen über 25 Jahre, die häufig eine akute oder vergangene Suchtmittelproblematik, sowie Vereinsamungs- und Verwahrlosungstendenzen aufweisen. Teilnehmen können auch von Wohnungslosigkeit bedrohte oder durch bestehende Wohnungslosigkeit betroffene Menschen. Im Fokus stehen vor allem Leistungsberechtigte, bei denen aufgrund individueller Problematiken andere arbeitsmarktpolitische Maßnahmen versagt haben und ein deutlich erhöhter Anleitungsbedarf sowie ein zusätzlicher sozialpädagogischer Betreuungsbedarf besteht. Es werden insgesamt 13 Plätze bereitgestellt.

Das Projekt startete im November 2016. Aktuell wurde es nochmals bis zum 30.09.2021 verlängert.

Die Finanzierung erfolgt ausschließlich über das Jobcenter. Es findet keine Ko-Finanzierung durch die Kommune statt.

Träger des Projekts ist das gemeinnützige Dienstleistungsunternehmen "stadt.mission.mensch". Das Jobcenter Kiel vermittelt die Frauen und Männer an das Projekt und unterstützt sie während der Teilnahme weiterhin finanziell. Eine Zusammenarbeit fand bisher beispielsweise mit der Eigentümergemeinschaft WohnWert Kiel-Gaarden, dem Abfallwirtschaftsbetrieb Kiel (ABK), der Stadtteilgenossenschaft Gaarden, dem Stadt- und Wirtschaftsbüro, dem Sport und Begegnungspark Gaarden und dem Ortsbeirat Gaarden statt.

Die Teilnehmenden kümmern sich im öffentlichen Interesse um unterschiedliche Aufgaben, die der Stadtteilverschönerung dienen. Hierzu zählen beispielsweise: Holzarbeiten wie Möbelbau aus Paletten, Bau von Blumen- und Nistkästen, Textilarbeiten, z.B. die Herstellung von Wimpelketten, Sitzkissen und Tragetaschen, Außentätigkeiten wie Pflege und Instandhaltung von Blumenkübeln, Reinigung von Straßenschildern und die Durchführung kleinerer Begrünungsaktionen. Zur Ausführung der Arbeiten sind die Teilnehmenden entweder im Stadtteil Kiel-Gaarden in Kleingruppen von drei bis vier Personen unterwegs. Oder sie erledigen entsprechend ihrer Fähigkeiten einfache handwerkliche Arbeiten unter fachlicher Anleitungim Werkstattatelier. Die Höchstarbeitszeit beträgt täglich sechs Stunden.

Alle Tätigkeiten sind dabei zusätzlich sowie wettbewerbsneutral. Zudem orientiert sich das Projekt auch an den Fähigkeiten und Interessen der Teilnehmenden, weshalb die Tätigkeitsfelder angepasst werden können.

Die Begleitung der Teilnehmenden erfolgt durch die Arbeitsanleiterin oder den Arbeitsanleiter mit zusätzlicher Unterstützung durch eine sozialpädagogische Fachkraft, die sowohl in Einzelgesprächen als auch in der alltäglichen Begleitung der Arbeit motivierend und stabilisierend auf die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einwirken. Zudem werden die Leistungsberechtigten bei der Überwindung ihrer Problemlagen unterstützt und, wo notwendig und gewünscht, in entsprechende Hilfs- und Unterstützungsangebote vermittelt.

Neben der geregelten Tagesstruktur steht auch die Festigung der Lebensstruktur der Teilnehmenden im Vordergrund. Um das zu erreichen, werden folgende Angebote gemacht:

  • Gemeinsam zubereitete Mahlzeiten in Form von Frühstück und Mittagessen

  • Klärung der finanziellen Situation

  • Klärung der gesundheitlichen Situation

  • Unterstützung bei der Wohnungssuche

  • Thematisierung des Suchtmittelgebrauchs

  • Regelmäßiger Austausch mit den Integrationsfachkräften

Suchtmittelkonsum ist während der Arbeitszeit ausgeschlossen. Zu Arbeitsbeginn erfolgt eine Alkoholkontrolle. Da der Gedanke der „zweiten Chance“ das Projekt trägt, führt suchtbedingtes Nichterscheinen oder Abbruch der täglichen Arbeit zu keiner unmittelbaren disziplinarischen Maßnahme. Allerdings kann auch ein Ausschluss aus der Arbeitsgelegenheit erfolgen, wenn die Teilnahme wiederholt nicht regelmäßig erfolgt.

Der Erstzugang erfolgt i.d.R. durch die Integrationsfachkraft (IFK). Wird im Gespräch mit den Leistungsberechtigten ein entsprechender Bedarf festgestellt, weist die IFK den Leistungsberechtigten dem Projekt zu. Individuelles Vorgehen sowie der Einsatz derTeilnehmenden gemäß Fähigkeiten und Interessen obliegen dem Träger in Absprache mit dem Jobcenter.

Bisher erzielte Erfolge bei Teilnehmenden:

  • Durch die sinnstiftende Tätigkeit im Stadtviertel, die auch von außen als solche wahrgenommen wird, entwickelte sich bei den Teilnehmenden ein Zugehörigkeitsgefühl.

  • Entwicklung eines eigenen Antriebs: Einige Teilnehmenden brachten sich mit eigenen Ideen und Kreativität in das Projekt ein. Ihre Ideen wurden aufgenommen und teilweise auch erfolgreich umgesetzt.

  • (Wieder)Erlangen bzw. Steigerung der Zuverlässigkeit, der Ausdauer und des Durchhaltevermögens sowie des Verantwortungsbewusstseins.

  • Viele Teilnehmende konnten die Überforderung mit ihrer Suchtproblematik überwinden. Mehrere Teilnehmerinnen und Teilnehmer wurden bei der Entgiftung bzw. Reduzierung ihres Konsums begleitet.

  • Verbesserung der Wohnsituation (hier ist auch eine Mehrfachförderung z.B. mit der AVGS-Maßnahme „at home“ möglich, die dabei unterstützt, drohende Wohnungslosigkeit zu verhindern oder auch bei der Neufindung von Wohnraum hilft).

  • Verbesserung des Gesundheitszustandes: Mehrere Teilnehmende wurden wiederholt an notwendige ärztliche Versorgung erinnert und teilweise zum Ersttermin begleitet mit dem Ergebnis, dass langjährige gesundheitliche Probleme behandelt und z.T. beseitigt werden konnten.

  • Verbesserung des Hygieneverhaltens und des äußeren Erscheinungsbildes der Teilnehmenden.

  • Einbindung in das psycho-soziale Hilfesystem: Mehrere Teilnehmende konnten in ambulante psycho-soziale Betreuung vermittelt werden.

Darüber hinaus werden verschiedene mittel- bis langfristige Anschlussperspektiven geschaffen. Mit aufbauenden Maßnahmen wie z.B. Einzelcoaching gelingt es,Leistungsbeziehende weiter auf den Arbeitsmarkt vorzubereiten. Eine weitere Flankierung durch Suchtberatung ist möglich. Zudem können Maßnahmen-Teilnehmende und Integrationsfachkraft nach Beendigung von „Erst die Arbeit“ auf den erlernten Fähigkeiten und ggf. neu entdeckten Fertigkeiten aufbauen und so langfristige Tätigkeitsfelder finden.

In der täglichen Arbeit wurde der Bedarf nach einer AGH mit Beratungselementen aus dem Suchtkontext deutlich. Neben bereits bestehenden Angeboten kam die Idee auf, durch stadtteilnahe Arbeiten die Anbindung an den Sozialraum positiv zu fördern. Der Stadtteil Kiel-Gaarden weist eine besonders hohe Identifikationstendenz derAnwohnerinnen und Anwohner auf, weshalb hier ein Pilotprojekt ins Leben gerufen wurde. In anderen Stadtteilen gibt es ähnliche Projekte. Zudem ist das öffentliche Interesse an zusätzlichen und kontinuierlichen Verschönerungsarbeiten in diesem Stadtteil besonders hoch.

Seite der Stadt.mission.mensch zur Maßnahme.

Flyer der Maßnahme und weitere Angebote auf der Website des Jobcenters Kiel.

Lesen Sie mehr zu Thema in unseren Dossier Sucht.