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Jobcenter Halle (Saale)

30. Januar 2018

Im Projekt „Jobbrücke Sport“ (JobS) arbeitet das Jobcenter Halle (Saale) mit dem Stadtsportbund zusammen, um ein neues Arbeitsmarktsegment für schwerbehinderte Menschen im Bereich der gemeinnützigen Sportvereine zu erschließen.

Für Gute Praxis Hobbrücke Sport
  • Schwerpunktthema Arbeitsmarktintegration
  • Zielgruppe Menschen mit Behinderung

1. Juli 2016 bis 30. Juni 2019

Die Hauptintention aller beteiligten Partner ist es, die Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation von schwerbehinderten und ihnen gleichgestellten Menschen zu verbessern und sie nachhaltig in Ausbildung oder Arbeit zu integrieren. Bei diesen Personen und Rehabilitanden wird es auch in den nächsten Jahren noch stärker darum gehen, ihre Potenziale zielgerichtet zu erschließen und zu fördern, denn die Gruppe der Menschen mit Behinderungen sollte insbesondere angesichts des vorhandenen Fachkräftemangels nicht außer Acht gelassen werden. Um für sie und mit ihnen Beschäftigungsmöglichkeiten zu erschließen, braucht es die enge Zusammenarbeit mit allen Partnern der Region. In der täglichen Arbeit zeigt sich, dass zwar viele Akteure am Prozess beteiligt sind, sie ihre Aktivitäten aber nicht bündeln oder koordinieren. Außerdem müssen die verschiedenen Beteiligten für die jeweils andere Seite noch stärker sensibilisiert werden.

Ziel ist es ebenso, potenzielle Arbeitgeber – hier im Bereich der Sportvereine – für das Fachkräftepotenzial dieser Personengruppe zu interessieren und Möglichkeiten und Chancen für alle am Prozess Beteiligten aufzuzeigen. Des Weiteren sollen die aufgeschlossenen Vereine und andere potenzielle Arbeitgeber der Sportlandschaft in Halle verstärkt für die Belange von Menschen mit Behinderungen sensibilisiert und als beständige Partner vor Ort gewonnen werden.

Das Eigeninteresse des Stadtsportbundes e.V. liegt in der Umsetzung des Strategiepapiers „Inklusion im und durch Sport“ des Deutschen Olympischen Sportbundes begründet. Dieses regt unter anderen die Entwicklung spezieller Maßnahmen zur Gewinnung von Menschen mit Behinderungen für das ehrenamtliche Engagement sowie die hauptberufliche Beschäftigung im Sport an. Des Weiteren erwartet der Stadtsportbund e.V. einen Kompetenzgewinn für die Sportvereine und Sportverbände in Sachsen-Anhalt und – bei entsprechendem Erfolg – letztendlich auch darüber hinaus.

Hintergrund des Projektansatzes ist, dass Sportregionen und ihre Akteure – die Vereine, Verbände, Sportämter und Sportausschüsse – mit zahlreichen neuen Steuerungsanforderungen konfrontiert sind. Sie müssen unter anderem soziale, wirtschaftliche und kulturelle Herausforderungen bewältigen. Das Projekt soll durch den erfolgreichen Wertetransfer in den gemeinnützigen Vereinssport außerdem die Möglichkeiten und Gegebenheiten in der Sportregion Halle (Saale) im Interesse schwerbehinderter Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nachhaltig verbessern.

In der Region Halle (Saale) hält sich ein positiver Trend in der Konjunktur- und Arbeitsmarktentwicklung. Gute Aufnahmemöglichkeiten in den regionalen Arbeitsmarkt bestehen – auch weiterhin – insbesondere in Lager/Logistik, in der Information und Kommunikation, Erziehung, im Gesundheits- und Sozialwesen, Baugewerbe und Handel. Hier ist ein ungebrochener Trend in der Entwicklung von sozialversicherungspflichtigen Stellen zu verzeichnen, welcher durch die für 2018 und darüber hinaus geplanten Ansiedlungen und Erweiterungen noch verstärkt werden wird.

Das Jobcenter Halle (Saale) ist eines der größten Jobcenter in der Region Sachsen-Anhalt-Thüringen. Insgesamt werden ca. 24.000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte betreut. Im Jobcenter Halle (Saale) werden schwerbehinderte Menschen und Rehabilitanden von einem spezialisierten Team fachkundiger Integrationsfachkräfte betreut.

Das Projekt „Jobbrücke Sport“ (JobS) soll Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem ersten Arbeitsmarkt für schwerbehinderte Menschen im Sektor Sport – insbesondere im Vereinssport der Stadt Halle (Saale) – erschließen. Dazu sollen relevante Akteure des Vereinssports, der Arbeitsförderung sowie weiterer Institutionen in einem Netzwerk vertieft zusammenarbeiten. Ziel ist es, 40 schwerbehinderten Menschen eine versicherungspflichtige Tätigkeit in einem Sportverein der Stadt Halle und in daran angrenzenden Bereichen zu schaffen und so ihre Arbeitslosigkeit, im optimalen Fall auch eine bestehende Hilfebedürftigkeit, zu beenden. 25 Prozent der 200 Sportvereine in Halle (Saale) bieten Jobpotenzial für schwerbehinderte Menschen, weil sie genügend Mitglieder haben und eine eigene Sportstätte betreiben. Über das Projekt informiert wurden alle 200 Vereine.

Die erschlossenen Sportvereine stehen der Beschäftigung von Menschen mit (Schwer-) Behinderung offen gegenüber, gehen mit gutem Beispiel voran und geben positive Erfahrungen weiter. Daraus können sich wiederum Synergien entwickeln, welche weitere Vereine dazu bewegen, schwerbehinderte Menschen einzustellen. Das Thema Inklusion wird somit weiter in die Gesellschaft hineingetragen. Langfristig verändern sich so die Wahrnehmung (schwer-)behinderter Menschen insbesondere in der Arbeitswelt und die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit ihnen. Zum Abschluss des Projekts wird ein Bericht mit Barriereatlas, Jobfibel und Best-Practice-Leitfaden für den Transfer in die Sportlandschaft Deutschlands produziert.

Schwerbehinderte oder ihnen gleichgestellte Menschen im Sinne von § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).

Die Projektförderung erfolgt im Rahmen des „Programms der Bundesregierung zur intensivierten Eingliederung und Beratung von schwerbehinderten Menschen" aus Mitteln des Ausgleichsfonds.

Projektpartner sind das Jobcenter Halle (Saale), der Stadtsportbund Halle e.V. und die Agentur für Arbeit Halle (Saale).

Weitere Netzwerkpartner sind der Fachbereich Sport der Stadt Halle (Saale), der Behindertenbeauftragte der Stadt Halle (Saale), der Integrationsfachdienst Halle-Merseburg, das Integrationsamt, die Deutsche Rentenversicherung, der Landessportbund Sachsen-Anhalt e.V., der Behinderten- und Rehabilitationssportverband Sachsen-Anhalt e.V., der Deutsche Olympische Sportbund, diverse Sportvereine der Stadt Halle u.a. (keine abschließende Aufzählung).

Das Projekt „Jobbrücke Sport“ ist eine Maßnahme, die ausschließlich auf freiwilliger Basis läuft. Im ersten Schritt stellen das Jobcenter oder die Agentur für Arbeit im Beratungsgespräch potenziellen Teilnehmern die Inhalte und Ziele des Projektes im Überblick vor. Erklärt der Kunde oder die Kundin grundsätzlich Interesse am Projekt, wird Kontakt zum Projektträger Stadtsportbund hergestellt und ein Termin für ein ausführliches Erstgespräch vereinbart. Im Rahmen dieses Gespräches klärt der Stadtsportbund als koordinierende Betreuungs- und Vermittlungsstelle die individuelle persönliche und soziale Situation, die Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie die Neigungen und Interessenlagen des potenziellen Teilnehmenden. Teilnehmer und Stadtsportbund schließen eine Teilnahmevereinbarung ab und die Teilnahme am Projekt beginnt. Aus den Daten des Erstgesprächs wird ein Bewerberprofil erstellt, auf dessen Grundlage die für eine Einstellung in Frage kommenden Vereine angesprochen werden.

Kommt ein Verein in die engere Wahl, führen die Projektmitarbeiter des Stadtsportbundes zunächst ein Akquisegespräch mit dem potenziellen Arbeitgeber und machen ihn mit dem Projektanliegen und der persönlichen und sozialen Situation des Teilnehmenden vertraut. Außerdem dient das Akquisegespräch dazu, die Zusammensetzung der Arbeitsplatzmodule und die Finanzierung eines künftigen Arbeitsplatzes unter Berücksichtigung der Einarbeitungsphase mit erhöhter Förderung und der möglichst langfristigen Nachbeschäftigung auszuloten.

Gibt es einen Konsens, lernen sich die Teilnehmerin oder der Teilnehmer und der Arbeitgeber kennen – einem Praktikum steht also nichts mehr im Wege. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Stadtsportbundes begleiten die Praktikumsphase so engmaschig wie nötig, unterstützen bei auftretenden Problemen und helfen, evtl. vorhandene Barrieren zu bewältigen. Praktika können auch bei mehreren Vereinen mit unterschiedlicher Dauer erfolgen. Kommt eine Einstellung in Betracht, werden mit dem gemeinsamen Arbeitgeberservice von Jobcenter und Agentur für Arbeit die Einzelheiten abgestimmt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der verschiedenen Netzwerkpartner – also die Vermittlungsfachkräfte in Jobcenter oder Agentur für Arbeit, die Mitarbeitenden des gemeinsamen Arbeitgeber-Service, die Projektmitarbeitenden beim SSB e.V. selbst sowie gegebenenfalls das Integrationsamtes oder der technische Berater der Agentur für Arbeit – stehen auch nach Beginn des Arbeitsverhältnisses als Ansprechpartner für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zur Verfügung.

Der Projektantrag wurde durch das Jobcenter Halle (Saale) gemeinsam mit der Agentur für Arbeit Halle (Saale) und dem Stadtsportbund Halle gestellt. Das Jobcenter hat die Projektleitung inne. Die operative Umsetzung erfolgt nach der entsprechenden Teilnehmerauswahl durch die Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter des Stadtsportbundes Halle. Die finanzielle Abwicklung wird durch das Jobcenter als Erstzuwendungsempfänger wahrgenommen, das die Mittel vollumfänglich an den Stadtsportbund als Letztzuwendungsempfänger weiterleitet.

Der gemeinnützige Vereinssport eignet sich aus mehreren Gründen besonders für die Inklusion von schwerbehinderten Menschen. Gemeinnützige Sportvereine sind Non-profit-Organisationen, die sich zum großen Teil aus Mitgliedsbeiträgen finanzieren. Sie verfolgen kulturelle und soziale Ziele. Gelingt durch das Projekt Jobbrücke Sport ein Wertetransfer, kann die Inklusion von Menschen mit Behinderungen in den allgemeinen Arbeitsmarkt Teil des sozialen Zielekanons der Vereine werden. Setzt sich das Prinzip des Projekts nachhaltig fort, besteht die Chance, dass Vereine ihre Betriebsstruktur anpassen, um diesem erweiterten Zielekanon nachhaltig gerecht zu werden.

Je nach Fähigkeiten und Fertigkeiten der schwerbehinderten Menschen können Vereine Arbeitsplätze bei Bedarf modular zusammenstellen und Bereiche, bei denen ein individueller Unterstützungsbedarf besteht, ehrenamtlich ergänzen. Dazu ein Beispiel: Vereinspersonal, das aufgrund einer Behinderung höchstens vier Stunden täglich körperlich arbeiten kann, kann eventuell weitere vier Stunden Büroarbeit leisten oder im Übungsbetrieb eingesetzt werden. Körperliche oder geistige An- und Entspannungsphasen können optimal aufeinander abgestimmt werden.

Der Erfolg des Projektes liegt zu großen Teilen darin begründet, dass es gelungen ist, die an der Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den ersten Arbeitsmarkt beteiligten Akteure an einen Tisch zu bringen, Netzwerke miteinander bekannt zu machen und die Zusammenarbeit weiter zu optimieren. So ist das Verständnis füreinander gewachsen; Hintergründe und Zusammenhänge werden sichtbar und klarer. Es wird dennoch weiterhin engagierten Einsatz erfordern, bis die Sportvereine verstärkt versicherungspflichtige Beschäftigungsmöglichkeiten schaffen. Bisher sichern sie die notwendigen Tätigkeiten nach wie vor zu großen Teilen über ehrenamtliches Engagement, freiwillige Helfer und/oder den Minijob.

Bereits zum jetzigen Zeitpunkt ist aber ersichtlich, dass das Projekt „Jobbrücke Sport“ hier einen entscheidenden Anstoß gibt. Denn die Projektrealisierung öffnet und erschließt den Arbeitsmarkt der Branche und schafft auf diese Weise neue Arbeitsplätze insbesondere für schwerbehinderte Menschen. Das Jobpotenzial in den Bereichen Verwaltung, Hallen-, Platzpflege, Übungsbetrieb, PR-Arbeit oder soziale Mitgliederbetreuung ist vielfältig. Die Arbeit ist abwechslungsreich, sozial integrierend und die Teilnehmenden des Projekts zeigen großes Engagement, sodass deren Einstellung bei einer branchenoptimierten Nutzung des Förderinstrumentariums für alle Seiten ein Gewinn ist.

Von bislang 26 Teilnehmenden konnten bereits acht, also knapp 30 Prozent, in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden. Erste Auswertungen haben ergeben, dass bisher überwiegend lebenserfahrene Männer mit einem im Vergleich geringeren Grad der Behinderung und den Zielberufen Hausmeister und Gartenbau profitieren konnten. Begünstigt wird eine erfolgreiche Einstellung durch ein grundsätzliches Interesse (an Sport), zeitliche Flexibilität, sowie die Bereitschaft zur Aus- und Weiterbildung.