Navigation und Service

Sechs Tage in der Fußgängerzone: Was das Jobcenter Nürnberg-Stadt durch einen Popup-Store lernte

22. Juni 2022

Das Jobcenter Nürnberg-Stadt hat mit Projektpartnern einen Popup-Store eröffnet. In einer Februar-Woche begrüßten Beraterinnen und Berater in der Nürnberger Fußgängerzone ohne Termin Menschen, die sich zur beruflichen Weiterbildung informieren wollten. Das Modell hat sich bewährt Fortsetzung wird folgen.

Sechs Tage in der Fußgängerzone: Was das Jobcenter Nürnberg-Stadt durch einen Popup-Store lernte
Das Jobcenter und weitere Partner empfingen Interessierte mitten in der Nürnberger Innenstadt.
  • Schwerpunktthema Berufsorientierung, Qualifizierung
  • Zielgruppe Wiedereinsteiger, Jobcenter

Ein Termin in der Arztpraxis, dann schnell shoppen – und anschließend ein spontanes Gespräch mit dem Jobcenter. In Nürnberg war das möglich, denn das Jobcenter der Stadt präsentierte sich kurzzeitig in einem Laden in der Fußgängerzone. Zwischen Bekleidungsgeschäften und einem Juwelier beriet es im Februar 2022 zum Thema Weiterbildung. Praktisch für die Bürgerinnen und Bürger: Vor Ort waren Fachleute derörtlichen Industrie- und Handelskammer(IHK), der Handwerkskammer (HWK), der Agentur für Arbeit, der Anerkennungsberatung der Stadt Nürnberg und eben des Jobcenters – alle Infos gebündelt, in einem Raum und im persönlichen Gespräch. Geöffnet hatte der Store eine Woche lang, von Montag bis Samstag, kundenfreundlich zwischen 11:30 und 20:00 Uhr.   

Qualifizierungsberaterin Karin Meier vertrat das Jobcenter an eineinhalb Tagen vor Ort und führte etwa 15 Beratungen durch. Eine Leistungsberechtigte kam gleich zweimal zu ihr. Nach einem Gespräch am Dienstag brachte sie am Freitag ihre Bewerbungsunterlagen mit, für einen prüfenden Blick durch Karin Meier. „Der Popup-Store ist eine Brücke für uns als Jobcenter, um nahbar zu wirken und dicht an den Menschen zu sein“, sagt Meier. Wie kam es dazu, wer nahm teil und welche Erfahrungen wurden gesammelt?  

Karin Meier
Qualifizierungsberaterin Karin Meier war eines der Jobcenter-Gesichter vor Ort.

Vorbereitung: Klares Ziel und Verantwortliche sind wichtig  

Die Idee für einen Popup-Store entstand am Runden Tisch der beruflichen Weiterbildung, einem lokalen Bündnis, dem die Wirtschaftskammer, die Stadt, die Agentur für Arbeit und das Jobcenter angehören. Einige Monate vorher gab es ein Planungstreffen, bei dem ein Team ein Grobkonzept entwarf. Da es um Weiterbildung gehen sollte, betraf es im Jobcenter das Team AV - Q, also Arbeitsvermittlung mit Schwerpunkt Qualifizierung. Teamleiter Markus Lippert fand den ungewöhnlichen Veranstaltungsort gleich eine gute Idee: „Wir wollen präsent sein und den Menschen das Thema Qualifizierung näherbringen. Um das ins Bewusstsein zu rufen, ist die Fußgängerzone der perfekte Platz.“ Der zentrale Ort spreche sowohl Berufstätige an, die mal schnell in der Mittagspause vorbeischauen, als auch Leistungsbeziehende, die in der Innenstadt unterwegs sind.  
AV-Q-Teamleiter Markus Lippert (rechts) mit Qualifizierungsberater Kay Pilkenroth)

Markus Lippert & Kay Pilkenroth
AV-Q-Teamleiter Markus Lippert (rechts, mit Qualifizierungsberater Kay Pilkenroth) will Bewusstsein für das Thema Weiterbildung schaffen.
Hauptverantwortlich für die Organisation war die Industrie- und Handelskammer. „Wir sind allen Projektpartnern, neben der IHK auch der Handwerkskammer Mittelfranken, der Agentur für Arbeit Nürnberg und der Stadt Nürnberg sehr dankbar für die gute Zusammenarbeit“, sagt Jobcenter-Pressesprecher Matthias Kleindienst. „Ganz besonders der IHK, denn sie hat angetrieben und klare Termine gesetzt.“ Die IHK kümmerte sich mit der Stadt Nürnberg um die Anmietung des leerstehenden Ladenlokals in der Breiten Gasse. Die Miete teilten sich alle Beteiligten – das Jobcenter nahm die Mittel aus dem Verwaltungshaushalt. Zusätzlich übernahm die IHK auch einen Großteil des lokalen Marketings: Der hauseigene Grafiker entwarf Flyer, gemeinsam mit dem Lokalradio konzipierte die IHK einen Werbespot. Doch nicht für alles gibt es die optimale Vorbereitung: Das Wetter ist wichtig, aber nicht kalkulierbar. In den ersten beiden Tagen kamen wenige Menschen, weil es stürmte. 

Werbung und Vernetzung: Was gut funktioniert hat  

Der Popup-Store war insgesamt gut besucht – auch dank des professionellen Marketings im Vorfeld. „Viele haben uns zurückgemeldet, dass sie aufgrund von Werbung gekommen sind“, sagt Markus Lippert. „Sie haben es im Radio gehört oder in der U-Bahn auf den Infobildschirmen gesehen.“ Es seien kaum SGB-II-Leistungsbeziehende als Laufkundschaft gekommen, jedoch viele ganz gezielt, weil sie vorher davon gehört hatten.   

Ein Nebeneffekt: Auch die Fachleute lernten sich untereinander besser kennen. „Ich habe nun ein paar Gesichter zu den Namen bei IHK und HWK“, sagt Karin Meier. „Zwischendurch hatten wir auch immer mal wieder Gelegenheit für Smalltalk miteinander.“  

Flyer Popup-Store
Infos statt Pizza zum Mitnehmen: Mit diesem Motiv warben die Partner für den Popup-Store.

Wie das Jobcenter vor Ort arbeitete  

Ein Großteil des Teams AV - Q beteiligte sich aktiv am Popup-Store. Die Mitarbeitenden wechselten sich untereinander ab, immerhin hatte der Store an sechs aufeinander folgenden Tagen für achteinhalb Stunden durchgehend geöffnet. „Die Zeiträume nach 16 Uhr, wo es bei uns normalerweise in den Feierabend geht, haben wir auch besetzen können“, erzählt Karin Meier. Sie selbst arbeitete an einem Freitagnachmittag in den Abend hinein und beobachtete, dass sich die Präsenz lohnt: „Zu der Zeit ist in der Fußgängerzone viel los, weil die Menschen Feierabend haben und ins Wochenende gehen. Da war es auch bei uns im Popup-Store lebhafter.“  

Meier führte mal kurze und mal sehr ausführliche Gespräche mit den Besuchenden. Fast alle wollten sich in den Gesprächen generell informieren, welche Möglichkeiten es für ihre Weiterbildung oder für Umschulungen gibt und wie solche Qualifizierungen gefördert werden. Wenn es konkret wurde, notierte sich Meier die Kontaktdaten, um im Anschluss Beratungstermine im Jobcenter anzubieten.  

Aufsteller Popup-Store
Aufsteller wiesen auf den Popup-Store hin. Drinnen hielten Fachleute Infos an Stehtischen bereit.
Die unterschiedlichen vertretenen Institutionen konnten einander immer wieder interessierte Personen weiterleiten, „die Handwerkskammer an uns oder je nach Rechtskreis wir an die Arbeitsagentur“, erzählt Meier. „Individuell kann man in so einem Store kaum beraten. Wir müssen immer darauf achten, den Datenschutz zu wahren. In dieser ungeschützten Atmosphäre habe ich zum Beispiel keine personenbezogenen Fragen, etwa zum Lebenslauf, gestellt – es sei denn, die Person hat es von sich aus mitgeteilt.“   

Hemmnis Datenschutz – Lehren aus der Vorort-Beratung  

Das Jobcenter diskutierte im Vorfeld auch Bedenken zum Datenschutz. Aus diesem Grund waren die Mitarbeitenden auch ohne Dienst-Laptops vor Ort. „Wir gehen als Jobcenter ja immer sehr vorsichtig vor und wollen in Sachen Datenschutz keine Angriffsfläche bieten“, erläutert Pressesprecher Matthias Kleindienst. „Es hat sich aber herausgestellt, dass es in der Praxis keine Probleme gibt. Die Kunden stellen in diesem Rahmen gar keine Fragen zu ihrem Leistungsbezug oder anderen persönlichen Informationen.“   

Bei künftigen Veranstaltungen werden die Mitarbeitenden deshalb voll digital ausgerüstet erscheinen. Die meisten Informationen haben die Fachleute zwar im Kopf oder auf Flyern parat. „Es ist aber vorteilhaft, wenn man auch am Computer etwas zeigen kann“, sagt Karin Meier, „etwa den Umgang mit Kursnet oder mit Berufenet .“   

Weitere Popup-Stores: wie es weitergeht  

In Nürnberg sind weitere Popup-Aktionen geplant. Als Öffentlichkeitsarbeiter unterstützt Matthias Kleindienst das ausdrücklich – und freut sich, dass viele Kolleginnen und Kollegen im Haus mitziehen. „Der Popup-Store trägt wesentlich dazu bei, dem Jobcenter ein besseres Image zu verleihen. Wir vermitteln den Menschen: Wir trauen dir etwas zu, wir helfen dir.“ Es sei eine gute Gelegenheit, der Öffentlichkeit zu vermitteln, dass Jobcenter viel mehr anbieten als nur Geldl eistungen.