„Bei Resilienz denkt man manchmal, es ist ein Modewort. Aber wir alle wissen aus der Erfahrung der vergangenen Jahre, dass immer wieder neue Krisen auf uns zukommen. Deshalb ist Resilienz ein Dauerthema – auch für die Jobcenter“, mit diesen Worten eröffnete die Staatssekretärin Leonie Gebers die diesjährige „Fachtagung Qualitätsarbeit im SGB II“ am Abend des 18. November 2024. Danach ging sie direkt in den offenen Dialog mit den 115 teilnehmenden Jobcenter-Führungskräften. Es ging dabei um arbeitsmarktpolitische Fragen, vor allem um die Folgen der aktuellen politischen Lage und die vorläufige Haushaltsführung, aber auch um die Haltung des BMAS zur Verschärfung der Sanktionen.
„Sie haben in den Jobcentern eine super Arbeit gemacht“
Während auf politischer Ebene derzeit vieles offen ist, zeigt sich Martin Mindermann aus dem BMAS gewiss: „Ich bleibe sicherlich da, wo ich bin. Es gibt für mich wenig, was sinnstiftender ist. Sie haben in den Jobcentern im vergangenen Jahr wieder eine super Arbeit gemacht. Ich will weiter an den Rädchen drehen, die Ihnen helfen, gute Arbeit zu machen.“ In einem kurzen Interview auf dem Podium zum Start des zweiten Veranstaltungstages verriet er auch seine Resilienz-Strategie, angelehnt an den Theologen Niebuhr. „Gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.“ Denkt Mindermann an die Jobcenter, fallen ihm noch weitere ein: „Optimismus, Humor und das Tragen von Gemeinschaft. In der Gemeinschaft etwas zu erleben und zu besprechen, das hilft sehr. Also nicht [...] allein im Wald“ zu sein, „sondern gemeinsam etwas zu erleben.“
Resilienz hilft durch den Dschungel der Unsicherheiten
Keynote-Sprecher Marc Wallert erlebte als junger Mann mit seiner Familie eine Entführung durch Rebellen im philippinischen Dschungel. Auf der Bühne erzählt er von diesen 20 herausforderndsten Wochen seines Lebens auf packende Art und Weise, und nimmt dabei die Zuhörenden in lebenserhaltende Details mit. Er dröselt die entscheidenden Punkte für seine Resilienz auf und berichtet, wie er diese Zeit durch Akzeptanz, Optimismus, Realismus, Selbstwirksamkeit und soziale Gemeinschaft überstand und rückwirkend als Bereicherung bezeichnen kann. Auf LinkedIn bedanken sich später mehrere Teilnehmende bei Wallert für den Vortrag. Ingo Zielonkowsky, Geschäftsführer im Jobcenter Düsseldorf, kommentiert zudem: „Selten auf einer dienstlichen Veranstaltung eine so hohe Emotionalität beim Publikum erlebt. Niemand hat gequatscht oder aufm Handy gedaddelt , alle haben bewegt zugehört! Klasse!“. Wallert selbst berichtet, dass es guttat, die „[...] Akteure hinter dem Begriff „Sozialstaat“ einmal live zu erleben, ihre Motivation und Veränderungsbereitschaft zu spüren. Denn viel zu oft wird über den „Sozialstaat“ nur als Kostenfaktor und bürokratischer Akt gesprochen. Doch die Leistungserbringer und auch die Leistungsempfänger sind Menschen, in deren Leben politische Entscheidungen einen großen Unterschied machen.“
Geschäftsführende zeigen Wege für mehr Resilienz auf
Nach dem Vortrag stellten Geschäftsführende aus den Jobcentern in drei Praxisimpulsen dar, wie sich Resilienz konkret im Jobcenter stärken lässt: Elmar Alexander Windeler reduzierte etwa im Jobcenter Salzgitter Hierarchien und stärkte so die Eigenverantwortung und Zufriedenheit der Mitarbeitenden. Andrea Martin lebt in ihrem kommunalen Jobcenter Marburg-Biedenkopf das Integrierte Fallmanagement, wodurch es möglich ist, viele integrationsrelevante Informationen bei der Leistungsgewährung vom Fallmanagenden direkt zu nutzen. Die Infos müssen nicht mehrfach abgefragt werden – so wie es der Fall ist, wenn Leistung und Integration getrennt gedacht werden. Sie berichtet in ihrem Praxisimpuls, wie in ihrem Jobcenter basisdemokratisch ein Leitfaden für gutes Fallmanagement entstand und wie dies Klarheit bei den Mitarbeitenden über die Frage schafft „So wollen wir sein.“ Den dritten Praxisimpuls gab Dirk Farchmin aus dem kommunalen Jobcenter Ennepe-Ruhr-Kreis. Er zeigte auf, wie er eine offenere Kommunikationskultur im Jobcenter etablierte und die Fluktuation in seinem Jobcenter fast halbierte.
„Eine zusammengeschweißte Gemeinschaft“
Während der Mittagspause nutzten viele Teilnehmenden die Gelegenheit, sich in lockerer Atmosphäre mit Mitarbeitenden des Zentrums für Kunden- und Mitarbeiterbefragungen (ZKM), der Internen Beratung (IB) und dem Arbeitgeber-Service (AG-S) zu unterhalten. Danach tauschten sich die Teilnehmenden intensiv in fünf Workshops aus. Konkret ging es in den Kleingruppen um Ideen und Wünsche für weniger Bürokratie in Jobcentern, eine bessere Außenwirkung, mehr Resilienz im Arbeitsalltag und darum, wie sich Arbeitsspitzen abfedern lassen und Mitarbeitende langfristig motiviert bleiben. Die Ergebnisse präsentierten die Workshop-Teilnehmenden auf dem Podium. Danach schloss Mindermann die Veranstaltung mit den Worten: „Ich sehe hier eine zusammengeschweißte Gemeinschaft.“
Mehr über die drei Praxisimpulse und die Ergebnisse der Workshops erfahren Sie in unserer ausführlichen Dokumentation. Diese finden Sie im Extranet.
Die Führungskräfte aus den Jobcentern stellten der Staatssekretärin Fragen etwa zum vorläufigen Haushalt, zur Nachschärfung bei den Sanktionen und zum Job-Turbo.
Keynote-Sprecher Marc Wallert nimmt sein Publikum mit in den Dschungel und lässt uns teilhaben an seinen Resilienz-Strategien, die ihm halfen, die Entführung mental und körperlich zu überleben.
Das Publikum folgte der eindrucksvollen Keynote von Marc Wallert mit großem Interesse und voller Aufmerksamkeit.
In Praxisimpulsen stellten drei Geschäftsleitungen aus Jobcentern dar, wie sie die Resilienz in ihren Häusern stärkten und stärken – darunter auch Geschäftsführer Elmar Alexander Windeler aus dem Jobcenter Salzgitter.
In fünf Workshops arbeiteten die Teilnehmenden Ideen für resilientere Jobcenter aus und präsentierten diese auf dem Podium – hier etwa Nina von Rittern, Geschäftsführerin im Jobcenter Bremerhaven.
Martin Mindermann aus dem BMAS bedankte sich abschließend bei allen Teilnehmenden für den konstruktiven Austausch.
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