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Beratung

Miteinander statt nebeneinander: Führungskräfte tauschen sich über das Teilhabestärkungsgesetz aus

Anfang des Jahres 2022 trat das Teilhabestärkungsgesetz (THSG) in Kraft. Es soll die Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden vor allem in Jobcentern verbessern. Auf Initiative des Fachbereichs Rehabilitation der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit (BA) tauschten sich Führungskräfte bei Online-Thementagen unter der Leitung und unter dem virtuellen Dach der SGB-II-Kompetenzzentren Northeim und Weimar der BA aus: Was hat sich seit der Einführung für die Jobcenter in der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden geändert und welche Erfahrungen gibt es bislang?

Das Teilhabestärkungsgesetz soll die Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden vor allem in Jobcentern verbessern.

Mehr Transparenz und bessere Kommunikation zwischen Jobcentern und Rehabilitationsträgern: Mit diesen Zielsetzungen sorgt seit Januar 2022 das THSG dafür, dass für Menschen mit Behinderungen der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt und die Teilhabe am Arbeitsleben verbessert werden. Eine der größten Neuerungen für die Jobcenter: Sie werden fortan verpflichtend in das Teilhabeplanverfahren der Rehabilitationsträger eingebunden, um so die erbrachten Leistungen sinnvoll aufeinander abzustimmen und zu verzahnen. Hierbei spielen reibungslose Kommunikationsstrukturen zwischen den Jobcentern und den Rehabilitationsträgern vor Ort eine entscheidende Rolle. Im Idealfall sollten sich die Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner aller Akteure untereinander kennen, um das Teilhabeplanverfahren so transparent und effizient wie möglich gestalten zu können.  

Vorab-Umfrage offenbart Handlungsbedarf

Mit dem THSG werden langjährige Forderungen aus der Praxis, speziell aus den Vermittlungsteams der Agenturen und Jobcenter, nach mehr Beteiligungsmöglichkeiten und mehr Unterstützungsmöglichkeiten in laufenden Rehabilitationsverfahren aufgegriffen. Die zielführende Integrationsarbeit mit Rehabilitandinnen und Rehabilitanden war bisher erschwert, wie zuletzt eine repräsentative Umfrage der Bundesagentur für Arbeit (BA) aus dem Jahr 2021 zeigt: So gaben 66 Prozent der befragten Jobcenter an, das bis vor Kurzem geltende Leistungsverbot für niedrigschwellige Angebote nach §16a SGB II ff, stelle – sofern bei den Leistungsberechtigten ein Rehabilitationsverfahren anhängig war –eine wesentliche Hürde dar. Weitere 55 Prozent sahen eine Herausforderung darin, sich mit anderen Rehabilitationsträgern abzustimmen.

Das THSG soll strukturelle Benachteiligungen von Leistungsbeziehenden in Rehabilitationsverfahren nun verringern. Dafür wurde zum 1. Januar unter anderem das Leistungsverbot modifiziert. Jobcenter dürfen seitdem vermittlungsunterstützende Leistungen erbringen, sofern der zuständige Reha-Träger keine vergleichbaren Leistungen erbringt. Für die Jobcenter bietet diese neue Fördermöglichkeit einen entscheidenden Vorteil: Sie können nun rechtssicher und kurzfristig eigene Leistungen in die Wege leiten.  

Online-Thementage bieten Möglichkeit zum Austausch

Die SGB-II-Kompetenzzentren der BA boten für Führungskräfte ab März 2022 mehrere Online-Thementage mit dem Schwerpunkt Rehabilitation an. Die Teilnehmenden tauschten sich über ihre bisherigen Erfahrungen mit dem THSG aus und diskutierten in drei Workshop-Gruppen unter anderem über

  • regionale Strategien der Umsetzung, besonders mit Blick auf Netzwerkarbeit und Kommunikationsstrukturen,
  • fachliche Anpassungen, die sich durch das THSG ergeben, sowie
  • die Umsetzung der Absicht des THSG – die zielführende Betreuung der Leistungsbeziehenden in Rehabilitation.

Dabei verfolgten die Online-Thementage mehrere Ziele. Zum einen erhielten die Teilnehmenden durch Vertreterinnen und Vertreter des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) und des Fachbereichs Rehabilitation der Zentrale der BA fundierte Informationen über das THSG und die damit verbundenen Änderungen: Wie wirkt sich das THSG auf die Arbeit mit den Leistungsbeziehenden in Rehabilitation, aber auch auf die Netzwerkarbeit aus? Zum anderen nahmen die Teilnehmenden ihre aktuellen Vorgehensweisen unter die Lupe: Welche Herausforderungen gibt es derzeit noch, welche Wünsche für die Zukunft?

Gute Netzwerkarbeit spielt Schlüsselrolle

Für eine gelungene, auf die Leistungsbeziehenden zugeschnittene Umsetzung des THSG ist eine gute Netzwerkarbeit unabdingbar, waren sich die Teilnehmenden einig. Dabei sei entscheidend, dass alle Ebenen – sowohl die Führungs- als auch die Arbeitsebene – eingebunden würden, lautete ein Impuls.

Die bisherigen Erfahrungen mit der Netzwerkarbeit fielen allerdings unterschiedlich aus. Während einige Teilnehmende mal von langjähriger Zusammenarbeit, mal von einem zähen Start berichteten, der sich inzwischen aber zu einem regen und guten Austausch zwischen allen beteiligten Rehabilitationsträgern und dem jeweiligen Jobcenter gewandelt habe, war die Stimmung an anderer Stelle verhaltener: Von häufigen Personalwechseln und teils schwieriger Kontaktaufnahme zu oder Nicht-Kommunikation mit bestimmten Rehabilitationsträgern war die Rede. Eine wichtige Rolle spielte in dem Zuge auch die Frage des persönlichen Engagements. Von vornherein weniger interessierte Beteiligte könne man kaum begeistern, gab ein Redebeitrag zu bedenken. Zudem nehme die Netzwerkarbeit seit Inkrafttreten des THSG auch mehr Zeit in Anspruch, merkten einige Teilnehmende an.

Fachliche Spezialisierungen erleichtern die Umsetzung

Eine weitere Fragestellung, mit der sich die Teilnehmenden beschäftigten: Sollten sich eher Fachleute mit der Umsetzung des THSG befassen oder wäre es sinnvoller, die verschiedenen Aspekte in Form von „Rucksack-Aufgaben“ auf den Rücken mehrerer Mitarbeitender zu verteilen? Im Kern waren die Teilnehmenden gleicher Meinung: Insgesamt sei es sinnvoller, Spezialistinnen und Spezialisten zu benennen, um bei Rückfragen stets konkrete Ansprechpersonen im Haus und damit einhergehend auch kürzere Arbeitswege zu haben.

Einige Teilnehmende berichteten, bereits vor der Einführung des THSG Expertinnen und Experten für Rehabilitation, teils auch mit dem Fokus Schwerbehinderung, im Team gehabt zu haben. Allerdings kamen auch hier einige Teilnehmende auf den Zeitaspekt zu sprechen. Die Ernennung und Einarbeitung von Spezialistinnen und Spezialisten sei zunächst sehr zeitintensiv – eine Hürde, vor der vor allem kleinere Jobcenter stünden.

Schulungen können Mitarbeitende unterstützen

Sensibilisierung und Qualifizierung der Mitarbeitenden durch umfassende Schulungen – diese Herangehensweise sahen die Führungskräfte als den richtigen Weg, das THSG zielführend im Sinne der Rehabilitandinnen und Rehabilitanden umzusetzen. Neben internen Weiterbildungen müssten dazu auch alle notwendigen Dokumente übersichtlich aufbereitet und für alle Mitarbeitenden einsehbar zur Verfügung gestellt werden, so der Tenor – beispielsweise mithilfe eines zentralen Ordners in einer Cloud, auf den alle zugreifen können. Auch über Vermittlungsfachkräfte speziell für Rehabilitandinnen und Rehabilitanden sowie sensibilisierte Eingangszonen diskutierten die Teilnehmenden. Mehrfach regten sie an, die themenspezifischen Angebote aus der BA-Lernwelt in den Prozess mit einzubeziehen.

Wie es mit der THSG-Umsetzung weitergeht

Im Laufe des Jahres 2022 sollen die einzelnen Prozesse in den Reha-Verfahren überarbeitet werden – etwa der datenschutzkonforme Austausch von Gesundheitsdaten zwischen Jobcentern und der zuständigen Rentenversicherung. Dies ist aktuell nur per Post möglich. Zudem stehen die regionalen Vereinbarungen zur Zusammenarbeit in den Startlöchern: Diese sollen anlaufen, sobald eine Verfahrensabsprache auf Bundesebene beschlossen wurde.

Viele Teilnehmende wünschten sich zudem eine einfachere Kontaktaufnahme zu bestimmten Rehabilitationsträgern: Eine schnelle Kommunikation sei entscheidend, um im besten Sinne der Leistungsbeziehenden handeln zu können. Welche konkreten Erfahrungen die Jobcenter mit dem THSG im ersten Jahr gesammelt haben und was sich seit der Einführung geändert hat, soll eine Erhebung ans Licht bringen, die an die Umfrage von 2021 anschließt.

Weitere Informationen zum Teilhabestärkungsgesetz sowie den Gesetzestext finden Sie auf der Internetseite des BMAS.