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3 Fragen an Christian Saar

Die Arbeitsmarktintegration braucht neue Vermittlungsformate. Das Jobcenter Lübeck und die Arbeitsagentur Lübeck haben die Aktion "Next Stop Job" initiiert. Christian Saar, Geschäftsführer des Jobcenters Lübeck, erzählt im Interview von der erfolgreichen Umsetzung der Aktion.

Portrait von Christian Saar.

Herr Saar, „Next Stop Job: Chancen auf Rädern“ eröffnet geflüchteten Menschen neue berufliche Perspektiven. Wie kam es zu dieser Aktion?

Christian Saar: In Lübeck gibt es viele Geflüchtete, insbesondere aus der Ukraine, die ihre Sprachkurse vor kurzem beendet haben oder in den nächsten Monaten beenden werden. Unserer Erfahrung nach haben sehr viele von ihnen in ihrem Heimatland gearbeitet und Qualifikationen erworben, die sie vor Ort einbringen können und auch möchten. Nun darf aber nicht vergessen werden, dass sehr viele geflüchtete Menschen erst seit rund 18 Monaten in Deutschland und dadurch noch nicht so vertraut mit der hiesigen Arbeitswelt sind. Deshalb drehen sich die Fragen im Schwerpunkt um die Arbeitsaufnahme und auch darum, wie sie mit Arbeitgebenden in Kontakt treten können.

Zu diesem Thema arbeiten wir natürlich zunächst ganz klassisch mit unserem gemeinsamen Arbeitgeber-Service zusammen. Da wir derzeit jedoch eine größere Anzahl von Sprachkursabsolventinnen und -absolventen haben, möchten wir dieses Angebot gerne ergänzen. Um den Absolventinnen und Absolventen den Einstieg in das Berufsleben zu erleichtern, haben wir deshalb, zusammen mit dem gemeinsamen Arbeitgeber-Service, kurzerhand die Aktion „Next Stop Job“ in Lübeck initiiert. Wir sind mit zwei Bussen und 50 geflüchteten Menschen zu Betrieben in Lübeck gefahren. Die Betriebe sowie die Bewerbenden sollten die Möglichkeit erhalten, sich auf direktem Weg ohne ein kompliziertes Bewerbungsverfahren kennenzulernen. Unsere Kundinnen und Kunden bekamen auf diese Weise auch in Branchen Einblicke, die sie zuvor vielleicht für sich ausgeschlossen hatten oder die sie aus ihren Heimatländern nicht kennen (z.B. die Pflege von älteren Menschen) und wurden dabei positiv überrascht. Sowohl Arbeitgebende als auch Bewerbende waren von der Aktion begeistert, haben im Anschluss Kontaktdaten ausgetauscht und Probearbeitstage vereinbart.

Welche weiteren Formate haben Sie bisher erprobt, um Geflüchtete in Arbeit zu vermitteln?

Christian Saar: Unser gemeinsamer Arbeitgeber-Service von Jobcenter und Arbeitsagentur Lübeck hat überwiegend Messen für Geflüchtete organisiert, zuletzt die Inhouse-Messen „Job-Market“. Die Besucherinnen und Besucher konnten die Job-Angebote verschiedener Firmen vergleichen und ihre Chancen im persönlichen Gespräch ausloten. Anwesend waren viele namhafte Unternehmen aus Lübeck. Sie informierten aus erster Hand über die Arbeitsschwerpunkte, Vertragsbedingungen und Vergütungsmöglichkeiten in ihren Unternehmen. Der Vorteil für die Geflüchteten war, dass sie in relativ kurzer Zeit viele Arbeitgebende kennenlernen konnten. Ein direkter Einblick ins jeweilige Unternehmen, wie bei unserer Busaktion, fehlte an dieser Stelle allerdings.

Was glauben Sie, worauf kommt es bei der nachhaltigen Integration von Geflüchteten an?

Christian Saar: Um eine nachhaltige Integration von Geflüchteten zu erreichen, ist natürlich der grundlegende Spracherwerb wichtig. Nach dem Sprachkurs, oder auch schon parallel dazu, sollte Arbeit das wichtigste Thema sein. Denn Teilhabe an der Gesellschaft entsteht auch durch Beschäftigung und durch Begegnungen mit Menschen bei der Arbeit. Es gibt viele Geflüchtete mit langjähriger Berufserfahrung aus dem Heimatland – was eine gute Voraussetzung ist, um auf dem deutschen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Das ist gerade im Hinblick auf verfestigte Arbeitslosigkeit wichtig, da der rechtzeitige Berufseinstieg dieser vorbeugt. Außerdem sollten die individuellen Bedarfe berücksichtigt werden und eine faire Bezahlung gewährleistet sein.

Vor allem benötigen wir bei Arbeitgebenden die Bereitschaft sich auf etwas Neues einzulassen und den Mut, geflüchteten Menschen eine Chance zu geben. Wichtig ist das Vertrauen in vorhandene Talente, auch wenn die Qualifikationen noch nicht vollständig anerkannt sind. Auch das beschäftigungsbegleitende Coaching kann eine gute Ergänzung sein, um Beschäftigungsverhältnisse zu stabilisieren. Die geflüchteten Menschen brauchen den Zuspruch, dass sie ihre Kompetenzen und ihre Erfahrungen einbringen können und sie als Arbeitskräfte willkommen sind. Ich denke, wenn das gelingt, entsteht eine klassische Win-win-Situation.

Die Aktion "Next Stop Job" erleichtert geflüchteten Menschen in Lübeck den Einstieg ins Berufsleben. Im Anschluss an die Aktion haben die teilnehmenden Unternehmen insgesamt 20 Bewerbungen erhalten. Zwei der Bewerbenden haben unmittelbar eine Tätigkeit aufgenommen. Die restlichen Bewerbungsverfahren laufen derzeit noch.