Wie stellen Sie sich im Jobcenter Rems-Murr auf, um Geflüchtete schnell und passgenau auf den Weg in Arbeit zu vermitteln?
Bereits seit 2016 werden geflüchtete Menschen in unserem IBA-Team betreut. IBA steht für Integration, Beratung und Arbeit oder Ausbildung. Dadurch haben wir ein eingespieltes Team, das seit mittlerweile acht Jahren auf ein stetig gewachsenes Netzwerk zurückgreifen kann. Schon vor dem Job-Turbo haben wir dabei unsere Strategie immer wieder angepasst, denn die Zahl der Geflüchteten steigt ja schon seit Jahren merklich an. Die Anforderungen und Rahmenbedingungen haben sich auch verändert.
Aktuell betreut das IBA-Team Menschen ab dem 25. Lebensjahr in der ersten Phase ihres Ankommens. Dabei liegt der Fokus auf dem raschen Zugang zur Sprachförderung im Integrationskurs. Zusätzlich unterstützen wir die Menschen mit Coaching-Angeboten, bei Themen der Anerkennung und natürlich mit Blick auf ihre Integration. Bis zum Erreichen des Sprachniveaus B1 bleiben diese Menschen in der Betreuung des IBA-Teams. Mit dem Erreichen des Sprachniveaus B1 werden sie von den Regelteams der Arbeitsvermittlung beraten, qualifiziert, gecoacht und bei der Integration in Arbeit unterstützt. Für Menschen mit Sprachniveau B2 nutzen wir unser bestehendes Projektteam. Sie werden zudem sehr eng durch unsere jobcentereigenen Betriebsakquisiteurinnen und -akquisiteure begleitet.
Wie kann es gelingen, Arbeitgebende für den Job-Turbo zu gewinnen?
Ich selbst war vor meiner jetzigen Tätigkeit knapp zehn Jahre im Arbeitgeber-Service tätig. Daher weiß ich aus eigener Erfahrung, dass es nicht den einen Lösungsweg gibt. Die persönliche Ansprache und Netzwerkarbeit bilden sicherlich das Fundament. Im Arbeitgeber-Service fragen wir immer wieder gezielt die Bedarfe an, machen Fördermöglichkeiten bekannt und binden Arbeitgebende in Veranstaltungsformate ein. Daneben haben wir im Jobcenter eigene Betriebsakquisiteurinnen und -akquisiteure, die auch ein Bindeglied zum gemeinsamen Arbeitgeber-Service bilden. Immer wichtiger wird es aber auch, gute Beispiele bekannt zu machen und zu zeigen, dass es geht – sowohl bei Arbeitgebenden als auch in den Communities der geflüchteten Menschen.
Wie gehen Sie im Jobcenter Rems-Murr beim Job-Turbo konkret vor?
Wie wahrscheinlich viele andere Jobcenter auch, nutzen wir in enger Zusammenarbeit mit dem gemeinsamen Arbeitgeber-Service sowohl Formate mit Messecharakter als auch Speed-Datings. Auf diesem Weg konnten wir in den letzten Monaten bereits einige Menschen integrieren oder zumindest in Praktika vermitteln. Den ganz großen zahlenmäßigen Erfolg hat dieser Ansatz jedoch bisher nicht gebracht.
Deshalb ergänzen wir unser Portfolio und steuern derzeit um zu einer passgenaueren Vermittlung. Für ausgewählte Stellen suchen wir eine handverlesene Zahl an motivierten Bewerberinnen und Bewerber aus und bereiten sie vor. Wir reduzieren bewusst den Aufwand für die Arbeitgebenden, denn gerade für klein- und mittelständische Unternehmen ist Zeit sehr kostbar. Wenn eine große Jobmesse keinen Erfolg bringt, dann springen diese Unternehmen verständlicherweise beim nächsten Mal wieder ab. Unser Ziel ist jetzt, immer drei bis vier passgenaue Bewerberinnen und Bewerber mit dem Arbeitgebenden direkt in Kontakt zu bringen. Auch die Kennenlerngespräche sollen, wo immer möglich, direkt vor Ort im Unternehmen stattfinden – was in einem Flächenbezirk nicht immer einfach ist. Dabei wollen wir perspektivisch auch die Hürde einer Erprobung niedrig halten und zudem die neuen Berufssprachkurse (JOB-BSK) anbieten. Schon jetzt binden wir Sprachkursträger eng in unsere Aktivitäten ein, um beispielsweise im letzten Teil des Integrationskurses das Thema Arbeitsaufnahme motivierend zu verstärken.
Welche Partner sind für eine erfolgreiche Zusammenarbeit ebenso unverzichtbar?
Netzwerkarbeit spielt für uns natürlich eine wichtige Rolle. Im Rahmen der Fachkräfteallianz in der Region und im Landkreis wurde die Intention des Job-Turbos sehr früh thematisiert – auch, dass dabei alle an einem Strang ziehen müssen. Außerdem haben wir bei unseren sehr vielfältigen Netzwerkveranstaltungen haupt- und ehrenamtliche Engagierte, Integrationsmanagerinnen und -manager sowie die lokalen Arbeitskreise Asyl eingebunden und hier für Unterstützung geworben, denn ohne diese Akteurinnen und Akteure kann Integration nicht gelingen.
Was war für Sie persönlich die bislang schönste Erfolgsgeschichte?
Als ich 2016 selbst das IBA-Team aufbauen und leiten durfte, gab es viele schöne Erlebnisse mit Menschen, die damals nach Deutschland flüchteten. Tagtäglich zu erleben, wie dankbar diese Menschen für jede Unterstützung und Hilfe waren, war eine große Motivation für uns alle – und das hat sich seitdem nicht verändert.
Eine, wie ich finde, schöne Erfolgsgeschichte aus dem noch jungen Job-Turbo entwickelte sich Ende vergangenen Jahres aus einer unserer ersten Gruppeninformationen für die Absolventinnen und Absolventen der Integrationskurse. Eine ukrainische Frau mit drei Kindern, die damals noch im Sprachkurs war, besuchte diese Gruppeninformation. An dieser Veranstaltung nahm auch ein Arbeitgeber aus dem Lebensmittelhandel teil. Ihr Mann war auch dabei, um sich über Arbeitsmöglichkeiten beraten zu lassen. Das Ergebnis: Seit dem 1. Dezember 2023 arbeiten beide Ehepartner in Teilzeit bei diesem Unternehmen, wodurch sie gleichberechtigt den gemeinsamen Alltag und die Betreuung der eigenen Kinder managen können. Für mich sind sie ein Vorbild und ein Beispiel für die gesamte Community.