Seit 2011 engagiert sich Frau Sabine Löhner im Jobcenter Nordfriesland für die Gleichstellung von Frauen und Männern. Durch Sensibilisierung, Beratung und konkrete Angebote setzt sie sich dafür ein, strukturelle Ungleichheiten zu überwinden. Erfahren Sie mehr über ihre Arbeit und die Herausforderungen, denen Frauen auf dem Arbeitsmarkt begegnen.
Sie sind als BCA im Jobcenter Nordfriesland tätig. Wie sah Ihr Werdegang bis zu diesem Zeitpunkt aus?
Sabine Löhner: Seit 2011 setze ich mich als BCA für die Belange von Frauen und Männern im Jobcenter Nordfriesland ein. Schon im Erziehungswissenschaftsstudium habe ich mich intensiv mit den Marginalisierungsprozessen von Frauen beschäftigt – ein Thema, das mich in meiner anschließenden Tätigkeit bei Bildungsträgern immer begleitet hat. Als BCA profitiere ich enorm von den Erfahrungen, die ich seit 2005 zudem als Fallmanagerin im Jobcenter sammle. Hier bekomme ich die Bedürfnisse der Leistungsbezieherinnen direkt mit und weiß so, wie die Praxis tickt und welche Strukturen Veränderungspotenziale bieten.
Welche inhaltlichen Schwerpunkte haben Sie bei Ihrer Arbeit im Jobcenter?
Sabine Löhner: Die Schwerpunkte sind vielfältig und ändern sich häufig. Mein Hauptfokus liegt jedoch darauf, die strukturelle Benachteiligung von Frauen durch stetige Sensibilisierung zu verändern. Dazu informiere und berate ich alle Arbeitsmarktbeteiligten, biete unter anderem Veranstaltungen an, halte Vorträge und beteilige mich an Netzwerken, Arbeitskreisen sowie Gremien. Ich erarbeite auch konkrete Angebote für Frauen, z.B. in den Bereichen Kinderbetreuung, Teilzeitausbildung, Alleinerziehung, Berufswahl und -integration, Rollenklischees, Care-Arbeit, häusliche Gewalt oder der Netzwerkarbeit für geflüchtete Frauen.
Was hat sich in Deutschland in den letzten fünf Jahren aus Ihrer Sicht beim Thema Chancengleichheit geändert?
Sabine Löhner: Im Jobcenter Nordfriesland ist die Gleichstellung von Frauen und Männern seit Jahren ein zentraler Schwerpunkt. Gesetzliche Regelungen, flexiblere Arbeitszeitmodelle und die verbesserte öffentliche Wahrnehmung haben die Chancengleichheit positiv beeinflusst. Gleichzeitig hat die Corona-Zeit strukturelle Ungleichheiten verschärft, da es überwiegend Frauen waren, die neben ihrem Beruf auch Haushalt und Care-Arbeit stemmen mussten. Diese psychische Belastung führt zu weiterer Benachteiligung, vor allem in systemrelevanten Berufen, die meist von Frauen ohne finanzielle Verbesserungen ausgeübt werden.
Warum ist Chancengleichheit am Arbeitsmarkt wichtig und wo sehen Sie die größten Bedarfe?
Sabine Löhner: Care-Arbeit, Teilzeitstellen, Rollenklischees, schlechtere Bezahlung: Frauen sind beim Zugang zum Arbeitsleben und finanziell oft benachteiligt. Ihr Potenzial wird nicht genutzt. Unternehmen fragen meist z.B. nur Frauen nach Kinderbetreuung und bevorzugen bei gleicher Eignung oft Männer. Um dem Fachkräftemangel jedoch mit voller Kraft zu begegnen, muss die typische Rollenverteilung durchbrochen werden. Das heißt: bessere Bezahlung der typischen „Frauenberufe“, bessere Kinderbetreuungszeiten – auch zu Randzeiten – und gleichmäßigere Verteilung der Care-Arbeit zwischen Frauen und Männern.