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Nächster Halt: Job-Turbo

Unter dem Motto „Future Tram Ukraine“ integrieren das Jobcenter Mannheim und die Rhein-Neckar Verkehr GmbH zahlreiche Menschen in Arbeit.

Xander Heinl

Hier ist der Name Programm: Mit dem Projekt “Future Tram Ukraine” schaffen viele Ukrainerinnen und Ukrainer in Mannheim den Start in eine neue Zukunft.

Es ist ein sonniger Morgen in Mannheim. Passantinnen und Passanten eilen durch die Straßen auf dem Weg zur Arbeit, Schule oder ins nächste Geschäft. Unbeeindruckt von dem geschäftigen Treiben, bahnt sich eine weiße Tram ihren Weg durch die Innenstadt. Im Waggon befinden sich Mitarbeitende des Verkehrsunternehmens Rhein-Neckar Verkehr GmbH, die für den ÖPNV in Mannheim zuständig ist. Einzig das Anzeigeschild mit der Aufschrift „Future Tram“ verrät, dass dies heute keine reguläre Fahrt ist: Hier wird heute das Projekt „Future Tram Ukraine“ vorgestellt.

Mit dabei sind Steffen Grimm, Personalchef und Prokurist der RNV, und Carl Philipp Schöpe, Geschäftsführer des Jobcenters Mannheim. Gemeinsam haben sie das Projekt „Future Tram Ukraine“ vor einem Jahr ins Leben gerufen. Anlass war unter anderem der Fachkräfteengpass, der auch die RNV vor neue Herausforderungen stellt: „Wir haben ein demografisches Problem. Viele unserer Mitarbeitenden gehen demnächst in Rente und wir brauchen dringend motivierten Nachwuchs“, so Grimm. Um diese Herausforderung zu meistern, arbeiten die RNV und das Jobcenter Mannheim seit vielen Jahren zusammen. In vorherigen Projekten haben sie damit bereits gute Erfahrungen mit der Integration geflüchteter Menschen aus Syrien, dem Irak und Afghanistan gemacht. „Als dann die Menschen aus der Ukraine kamen, haben wir uns gefragt: Wir wollen Menschen in Arbeit bringen – wie können wir das machen? Daraus ist dann das Projekt Future Tram Ukraine entstanden.“

2023 ging’s los: Der Job-Turbo vor dem Job-Turbo

Startpunkt für das Projekt war ein Bewerbertag auf dem Betriebshof Möhlstraße der RNV in Mannheim im Mai 2023, organisiert durch das Jobcenter Mannheim. „Wir haben 100 Menschen eingeladen – gekommen sind 140, die sogar noch Lebensläufe von weiteren Bewerbenden dabei hatten“, berichtet Schöpe. Die Resonanz war riesig.  Gesucht wurden nicht nur Mitarbeitende im Außendienst der RNV, wie der Fahrausweisprüfung. „Wir besetzen in allen Gewerken, von handwerklich-technischen Tätigkeiten bis hin zur Personalabteilung und dem Vertrieb“, erklärt Grimm.  Die ausgewählten Bewerberinnen und Bewerber traten anschließend ein mehrwöchiges Praktikum an. Mit Erfolg: Von den 22 Ukrainerinnen und Ukrainern wurden alle übernommen. Sie unterzeichneten im Anschluss einen auf zwei Jahre befristeten Vertrag mit Aussicht auf Übernahme. „Die Menschen sind wirklich mit Herzblut dabei“, berichtet Grimm von den neuen Kolleginnen und Kollegen.

Entscheidend: Eine Ansprechperson für alle Belange

Dass das Projekt so gut funktioniert, läge auch an Olga Natter, betont der Prokurist. Ihre Position wurde eigens für das „Future Tram Ukraine“ geschaffen.  Die Personalreferentin mit ukrainischen Wurzeln spielt als Ansprechpartnerin eine zentrale Rolle für die neuen Mitarbeitenden und kümmert sich neben Belangen im Betrieb auch um weitere Angelegenheiten, wie zum Beispiel das Anmieten von Wohnungen oder die Kommunikation mit den örtlichen Ämtern. Die anfängliche Skepsis gegenüber dem Projekt im Unternehmen ist schnell verflogen: „Die neuen Mitarbeitenden sind eine echte Bereicherung für uns. Das spüren wir im gesamten Team“, schildert Natter. Für sie ist das Projekt eine Herzensangelegenheit: „Wir geben den Menschen eine Perspektive und Wertschätzung. Das ist ein wichtiges Thema. Dadurch lernen sie auch die Sprache schneller.“

Mit dem neuen Job zur neuen Zukunft

„Mein Leben hat sich um 180 Grad verändert“, strahlt Tetiana Riabukha. Sie floh 2022 mit ihrem Sohn nach Deutschland. Im Juli 2023 war Tetiana Riabukha eine der ersten Teilnehmenden des Programms. Heute arbeitet sie als Sachbearbeiterin bei der RNV. Dank der Anstellung konnte sie eine eigene Wohnung anmieten. Auch ihr Sohn hat sich sehr gut eingelebt und besucht mittlerweile ein Mannheimer Gymnasium. „Wir sind sehr froh über diese Chance. Wir wollen uns hier eine Zukunft aufbauen“, sagt Riabukha. Wichtig beim Start in Deutschland seien vor allem, Geduld und der Spracherwerb. Das bestätigt auch Liudmyla Kravchenko, ihre Zwillingsschwester. Sie ist dieses Jahr im Juli in die zweite Auflage des Programms gestartet und hofft auf einen ähnlich erfolgreichen Weg: „Ich bin sehr froh hier zu sein und hoffe, dass ich die Sprache durch die Arbeit besser lerne. So kann ich auch mein Leben in Deutschland verbessern.“

Kleine Hürden auf dem Weg zum Ziel

Trotz der vielen Erfolgsgeschichten und der guten Zusammenarbeit zwischen Jobcenter und RNV gebe es Herausforderungen, bekennt Schöpe. „Es bestehen unterschiedliche Erwartungen auf Seiten der ukrainischen Leistungsbeziehenden, die gemanagt werden müssen.“ Viele von ihnen kämen aus Berufen, in denen Sprache sehr wichtig ist. In Deutschland könne dann nicht immer nahtlos in diesen Beruf zurückgekehrt werden. „Wir müssen den Fokus auf die Zwischenschritte dorthin legen und diesen Weg im Rahmen unserer Beratung gemeinsam erarbeiten. Dazu kann auch gehören, sich beruflich neu zu orientieren.“

Auch die RNV wünscht sich bei der Sprachförderung mehr Unterstützung, denn ein Jahr nach Einstellung bestehe bei vielen der neuen Mitarbeitenden noch Qualifizierungsbedarf.

Eine weitere Herausforderung für das Unternehmen bestehe in der Anerkennung der Führerscheine: Viele der Ukrainerinnen und Ukrainer haben eine ukrainische Fahrerlaubnis. Diese wird in Deutschland zwar geduldet, sie dürfen sie jedoch nicht für gewerbliche Zwecke einsetzen. Momentan besteht die einzige Lösung darin, einen neuen Führerschein zu machen, was wiederum zeit- und kostenaufwendig ist. „Das verkompliziert die Integration. Dabei haben viele unserer Bewerbenden tatsächlich schon Berufserfahrung und fahren seit 20, 30 Jahren durch Europa“, erklärt Natter. „Wir würden uns wünschen, wenn hier schneller eine Anerkennung erfolgen könnte.“

Endstation? Von wegen

Trotz kleinerer Herausforderungen ziehen die Beteiligten ein positives Resümee: „Die Zusammenarbeit funktioniert wirklich hervorragend. Das Jobcenter versteht uns und wir verstehen das Jobcenter und das schafft eine wichtige Vertrauensbasis“, betont Grimm. Natürlich sei der Aufwand für die Einarbeitung am Anfang größer, räumt Schöpe ein. „Auch auf unserer Seite ist die Vermittlung von Geflüchteten beratungsintensiv. Aber es lohnt sich. Wir stoßen hier etwas an, von dem wir noch in Jahrzehnten profitieren werden.“

Noch bis 2025 laufen die befristeten Verträge der ersten Teilnehmenden im Programm, dann könnte die Entfristung folgen. „Stand jetzt werden wir alle 22 Mitarbeitenden übernehmen“, so Natter. Und auch für die Zusammenarbeit zwischen dem Jobcenter Mannheim und der RNV geht es weiter: „Wir haben hier einen Rekrutierungskanal mit wirklich viel Potenzial und das wollen wir weiter erschließen“, verdeutlicht Grimm. Mit dem Future Tram Ukraine III geht das Projekt voraussichtlich im Sommer 2025 in die dritte Runde.

Mehr über das Programm erfahren Sie in unserer Bilderstrecke.  

Xander Heinl

Steffen Grimm, Prokurist der Rhein-Neckar Verkehr GmbH, lädt zu einer besonderen Tramfahrt durch Mannheim.

Xander Heinl

Carl Philipp Schöpe, Geschäftsführer des Jobcenter Mannheim hat das Projekt “Future Tram Ukraine” vor einem Jahr mit ins Leben gerufen.

Xander Heinl

Als Ansprechperson für alle Belange der neuen Mitarbeitenden nimmt Olga Natter eine zentrale Rolle im Projekt ein.

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Tetiana Riabukha zählt zu den ersten Teilnehmenden, die im Rahmen des Projekts vermittelt wurden.

Xander Heinl

Seit Juli 2024 gehört auch Liudmyla Kravchenko, die Zwillingsschwester von Tetiana Riabukha, zum Team der RNV.